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Ergotherapeutische Tipps zur Alltagsbewältigung bei EB: Online-Sprechstunde

"Schmetterlingskinder" sind aufgrund der Blasenbildung und der damit verbundenen Entstehung von Wunden oft in ihrer motorischen Entwicklung mit Schwierigkeiten konfrontiert. Bewegungen und das Erlernen von sogenannten motorischen Meilensteinen wie Drehen, Robben, Krabbeln und Gehen sind durch die vorliegenden Einschränkungen erschwert. Ein weiteres zentrales Thema ist das kontinuierliche Zusammenwachsen der Finger, ein Phänomen, das leider viele "Schmetterlingskinder" betrifft und das lediglich verzögert werden kann, aber nicht gänzlich unterbunden.

Was können nun Eltern und Angehörige dazu beitragen, um die motorische Entwicklung ihres "Schmetterlingskindes" optimal zu unterstützen bzw. die Greiffunktion der Hände so lange wie möglich aufrechtzuerhalten? Antworten darauf sowie Tipps und Kniffs für den Alltag mit EB gab der Ergotherapeut Florian Prinz in der ergotherapeutischen Online Sprechstunde, die von DEBRA Austria gemeinsam mit dem EB-Haus Austria organisiert wurde. Florian Prinz ist Ergotherapeut in freier Praxis und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für Ergotherapie in Salzburg. Seine Schwerpunkte sind die Behandlung von Kindern sowie Handtherapie und er ist einer der wenigen Spezialisten für die Behandlung von Kindern mit Epidermolysis bullosa.

Bereits im Vorfeld bat Herr Prinz die Familien um Fotos von den Händen der Kinder, um sich ein Bild über den aktuellen Stand der Verwachsungen machen zu können. In speziell vorbereiteten Videos zeigte er Möglichkeiten auf, um den Kontrakturen an den Händen gegenzusteuern. "Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese Übungen regelmäßig gemacht werden. Idealerweise einmal wöchentlich in einer ergo- oder physiotherapeutischen Praxis und jeden Tag auch zu Hause", betont Florian Prinz. Dann sei es durchaus möglich, den Prozess zu verzögern und den Kindern die feinmotorischen Fähigkeiten so lange es geht, zu erhalten.

"Das war sehr informativ, wir wussten gar nicht, dass es so viele Übungen gibt, die wir auch zu Hause anwenden können", zeigt sich eine Mutter erfreut über das  Angebot des Ergotherapeuten. Ein Vater bemerkt: "Es tut gut zu wissen, dass wir auch wirklich selbst etwas beitragen können, also aktiv ranzugehen und den Ablauf zu verlangsamen."

Um ein zu rasches Verwachsen der Finger zu verhindern, kommen auch technische Hilfsmittel zum Einsatz. Die sogenannte Anti-Webbing-Bandagen sind Verbände, die zwischen den Fingern angelegt werden und so die einzelnen Finger voneinander abspreizen. Für die Nacht gibt es eigene Nachtlagerungsschienen, die ganz individuell angepasst werden. Auch sie sollen einen zu raschen Fortschritt der Verwachsungen verhindern.

Als eine weitere Option steht immer wieder auch eine Hand-Operation im Raum. Diese ist häufig mit postoperativen Schmerzen verbunden und kann auch nicht beliebig oft durchgeführt werden. Zudem braucht es eine konsequente Nachbehandlung durch Ergo- oder Physiotherapie sowie das Tragen von Nachtlagerungsschienen, um das erzielte Operationsergebnis so lange wie möglich zu halten und neuerliche Verwachsungen hinauszuzögern. Daher ist es überlegenswert, diese Operation erst bei älteren Kindern durchzuführen, die dann selbst schon besser abschätzen können, ob sie sich einem derartigen Eingriff unterziehen möchten. Manchmal ist es jedoch auch schon bei kleineren Kindern aufgrund des raschen Voranschreitens der Kontrakturen notwendig – keine einfache Entscheidung für Eltern und Angehörige. Die Online-Sprechstunde bot auch hier Gelegenheit, sich mit anderen Familien, die diesbezüglich schon Erfahrungen gemacht hatten und dem Experten Florian Prinz auszutauschen.

Letztendlich ist das eine immer sehr individuelle Entscheidung, wie der Ergotherapeut feststellt: "Manche Kinder sind sehr geschickt, obwohl man das aufgrund des Zustands ihrer Hände gar nicht vermuten möchte. Da geht es dann auch ohne OP. Andere Kinder leiden wiederum sehr am Fehlen 'richtiger Hände' und sind durch die Verwachsungen in ihrer Greiffunktion stark eingeschränkt. Es braucht da immer eine sehr genaue Abklärung und die Abwägung der unterschiedlichen Vor- und Nachteile bei jedem einzelnen Kind."

In Summe waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – darunter auch eine Physiotherapeutin aus Südtirol, die ebenfalls ein "Schmetterlingskind" betreut – einig: Es war ein sehr interessantes Seminar mit vielen hilfreichen Inputs und eine äußerst willkommenen Möglichkeit zum Austausch untereinander.

Screenshot von der Onlinesprechstunde

Ergotherapeut Florian Prinz erklärt anhand eines Videos Übungen für Eltern und Angehörige von "Schmetterlingskindern". (c) DEBRA Austria

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